Erfurt. Angesichts eines drohenden Stellenabbaus bei Schuler in Erfurt mahnt Thüringens Wirtschaftsminister wettbewerbsfähige Energiepreise an.

Vor dem Hintergrund eines möglichen Stellenabbaus beim Erfurter Pressenhersteller Schuler hat Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) verstärkte Anstrengungen zum Schutz des Industriestandortes Deutschland gefordert. „Schuler ist aus meiner Ansicht nur ein weiteres Symptom dafür, dass der Standort Deutschland für viele Branchen massiv an Attraktivität verliert“, sagte der Minister auf Anfrage.

Der Strukturwandel in der Automobilindustrie dürfte das Unternehmen weniger getroffen haben, denn Blechteile und Karrosserien würden auch für Elektrofahrzeuge gebraucht. „Das setzt allerdings voraus, dass in Deutschland auch künftig Fahrzeuge zu konkurrenzfähigen Preisen produzierte werden können“, erklärte Tiefensee.

Ministerium sucht Gespräch mit dem Unternehmen

Der Minister kündigte zugleich an, das Gespräch mit Schuler zu suchen. „Was wir hier vor Ort tun können, um die Rahmenbedingungen noch weiter zu verbessern, das werden wir tun. Darauf können sich alle verlassen.“ Der Erhalt der Arbeitsplätze am zentralen europäischen Produktionsstandort Erfurt mit rund 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern habe für ihn oberste Priorität.

„Wir stehen an der Seite der Schuler-Beschäftigten.“ Das Unternehmen stehe selbst auch in der Verantwortung, sozialverträgliche Übergangs- und Transferlösungen für Beschäftigte zu unterstützen, sofern es tatsächlich zu einem Stellenabbau komme.

Warnung vor voranschreitender Deindustrialisierung

Tiefensee wies allerdings auch darauf hin, dass das Unternehmen – das mit rund 2500 Beschäftigen allein in Deutschland seit 2020 zum österreichischen Andritz-Konzern gehört – nach Presseberichten seine Restrukturierung erst vor wenigen Jahren erfolgreich abgeschlossen und im Jahr 2022 einen neuen Rekord bei den Auftragseingängen erzielt habe.

Unabhängig davon erwarte er vom Bundeswirtschaftsministerium endlich eine wirksame Strategie zur Sicherung der industriellen Wettbewerbsfähgkeit Deutschlands, sagte Tiefensee weiter. Dass das Produktionsvolumen in der Metall- und Elektroindustrie aktuell um 15 Prozent unter dem Vor-Corona-Niveau liege, sei ein ernst zu nehmendes Signal für die voranschreitende Deindustrialisierung des Standorts.

Subventionierte Konkurrenz aus dem Ausland

„Wir reden seit Jahr und Tag über dieselben Probleme – aber sie sind nach wie vor ungelöst. Wir haben in Deutschland kein Erkenntnis-, sondern ein Handlungsproblem.“ Die Lösungsansätze lägen auf der Hand: Vordringlich sind aus Sicht des Wirtschaftsministers endlich wettbewerbsfähige Energiepreise – dafür müsse beispielsweise die Stromsteuer gesenkt, das System der Netzentgelte reformiert und das Strommarktdesign verändert werden. Subventionierter Konkurrenz aus China und anderen Ländern etwa im Automobilbereich müsse auf europäischer Ebene ein Riegel vorgeschoben werden. Er sei für offene Märkte, „aber das Menetekel der Solarindustrie darf sich nicht ein zweites Mal wiederholen“.

Für die milliardenteure Dekarbonisierung und den notwendigen Umbau ihrer Energiesysteme bedürften die Unternehmen wirksamer und verlässlicher Förderinstrumente des Bundes, um die Kosten stemmen zu können. Und bei bürokratischen Vorgaben etwa im Umwelt- und Energiebereich brauche es vor allem Planbarkeit – „das erratische Hin und Her, das wir auf Bundesebene teilweise erlebten, hat zur Verunsicherung der Unternehmen beigetragen und unsere Wettbewerbssituation weiter verschlechtert“, so Tiefensee.